Selbstsucht und Selbstliebe by Erich Fromm
Autor:Erich Fromm [Fromm, Erich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fachbuch
ISBN: 978-3-95912-132-3
Herausgeber: Edition Erich Fromm
veröffentlicht: 2016-01-12T16:00:00+00:00
Liebe als leidenschaftliche Bejahung
Was für Feindseligkeit und Hass gilt, gilt auch für die Liebe. Allerdings ist das Problem Nächstenliebe und Selbstliebe weitaus schwieriger, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen ist der Hass ein Phänomen, das in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist. Er ist deshalb für eine empirische Untersuchung und Erforschung leicht zugänglich. Liebe ist ein vergleichsweise seltenes Phänomen, das sich nur schwer empirisch untersuchen lässt. Jede Erörterung des Phänomens Liebe droht deshalb unempirisch und rein spekulativ zu werden.
Die andere Schwierigkeit ist vielleicht noch größer. Es gibt in unserer Sprache kaum ein Wort, das derart missbräuchlich und entwürdigend gebraucht wird, wie das Wort „Liebe“. Liebe wurde von Menschen gepredigt, die bereit waren, jede Grausamkeit zu entschuldigen, wenn sie nur ihren eigenen Zwecken diente; mit Liebe wurde verkleidet, dass Menschen gezwungen wurden, ihr eigenes Glück zu opfern und ihr Selbst völlig denen zu unterwerfen, die von dieser Unterwerfung profitierten; mit Liebe wurde moralisch Druck ausgeübt, um ungerechtfertige Forderungen durchzusetzen. Für viele wurde der Begriff „Liebe“ so entleert, dass man von Liebe spricht, wenn zwei Menschen zwanzig Jahre [X-114] lang zusammenlebten, ohne öfter als höchstens einmal pro Woche miteinander gestritten zu haben.
Das Wort „Liebe“ zu gebrauchen ist gefährlich und etwas peinlich. Einem Psychologen mag es nicht anstehen, der Peinlichkeit zu erliegen. Von Liebe zu predigen zeugt höchstens von schlechtem Geschmack. Doch nüchtern und kritisch das Phänomen Liebe zu erforschen und Formen von Pseudo-Liebe aufzudecken, wobei beides sich nicht voneinander trennen lässt, dies ist eine Verpflichtung, der sich zu entziehen der Psychologe kein Recht hat.
Selbstverständlich stellt dieser Beitrag keinen Versuch dar, die Liebe zu erforschen. Allein schon die psychologischen Phänomene zu beschreiben, die üblicherweise mit dem Begriff „Liebe“ gemeint sind, würde ein halbes Buch füllen. Dennoch soll der Versuch einer Darstellung entlang den bisherigen Hauptgedanken gemacht werden.
Zwei Phänomene, die eng miteinander verknüpft sind, werden oft als Liebe ausgegeben: die „masochistische“ und die „sadistische Liebe“. Bei der “masochistischen Liebe“ gibt der Betreffende sein eigenes Selbst, seine Eigeninitiative und seine Integrität auf, um ganz und gar in einer anderen Person, die als stärker erlebt wird, aufzugehen. Tiefe Ängste führen zu einem Gefühl, nicht auf eigenen Füßen stehen zu können, so dass der Wunsch entsteht, sich seines eigenen Selbst zu entledigen, um zu einem Teil eines anderen zu werden, sich bei ihm sicher zu fühlen und jenes Zentrum zu finden, das man in sich vermisst. Dieser Verzicht auf das eigene Selbst wurde oft als Beispiel für „die große Liebe“ gepriesen. In Wirklichkeit ist es eine Form von Götzendienst und auch eine Vernichtung des eigenen Selbst. Der Umstand, dass dieser Verzicht als Liebe ausgegeben wurde, hat die Verführungskraft und Gefährlichkeit der masochistischen Liebe erhöht.
Die “sadistische Liebe“ auf der anderen Seite entspringt dem Wunsch, das Objekt der Liebe zu verschlingen und es zu einem willenlosen Werkzeug in den eigenen Händen zu machen. Auch dieser Triebwunsch wurzelt in einer tiefen Angst und Unfähigkeit, auf eigenen Füßen zu stehen. Statt aber eine größere Stärke dadurch zu finden, dass man sich verschlingen lässt, werden Stärke und Sicherheit im grenzenlosen Machthaben über den anderen Menschen gesucht.
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